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Te

Zentraler Begriff der traditionellen Interpretation des I Ging. Bedeutung: eine innere Kraft, die innere Stimme, eine Rückverbindung zum eigenen, inneren Wesen , die den Menschen auf seinem rechten Weg (Dao) führt. Weitere Bezeichnungen für Te in den klassischen Deutungstexten: Tugend, weiträumiges Wesen, innerer Wert, Geist, klare Anlage, Charakter.

teisho

Mündliche Übertragung des Dharma in Vortragsform. Vgl. Deshimaru 1991, 144

Textus receptus

Überlieferte Text (Latein).

Das I Ging ist hauptsächlich als eine in Stein gravierte kanonische Schrift Chinas bekannt und gehört zu den sog. „Steinklassikern“, 64 Steinplatten mit Lehrtexten, die auf Jahr 175 n. Chr. datiert werden. Gelehrte aus dem ganzen Land waren verpflichtet, diese Texte zu kopieren in ihren Unterweisungen zu verwenden.

Das I Ging in der Form des Textus receptus besteht aus zwei Textteilen: dem klassischen Text (jingwen) und die Kommentare (zuhuan).
Der klassische Text bildet die Grundlage der Interpretation und dient als Handbuch der Wahrsagung. Er gliedert sich in Hexagrammtext – hier wird die Situation im Allgemeinen beschreiben – und die Linientexte, die unterschiedliche Aspekte der Situation berücksichtigen. Entstehungsgeschichtlich wird der klassische Text auf das 8. Jh. v. Chr. datiert. Die traditionelle Auffassung ist, dass die Erfindung der acht Trigramme auf den ersten chinesischen Urkaiser Fu Xi zurückgeht, die Hexagramme dem Zhou-König Wen Wang (1231-1135 v. Chr.) zuzuschreiben sind und die Linientexte von seinem Sohn, dem Herzog von Zhou (gest. 1105 v. Chr.), stammen sollen. Tatsächlich handel es sich aber wohl eher um eine Sammlung von Orakelvokabular (wie z. B. die Inschriften auf den Orakelknochen), altem Liedgut und traditionellen Volksweisheiten, die später von einem oder möglicherweise auch mehreren Autoren zusammengestellt wurde.
Bemerkenswert ist in diesem Zusammenhang, eine Besonderheit der chinesischen Sprache: Texte sind beim Anhören automatisch viel- und mehrdeutig – und wecken dadurch die Assoziation einer mystischen Göttersprache. Die Autoren de I Ging waren sich dieser Mehrdeutigkeit mündlicher Sprache sicherlich bewusst und versuchten, dieses Phänomen in die Niederschrift zu übernehmen, sodass bei der Interpretation eines (schriftlich fixierten) Textes sowohl die bildliche Ausdruckskraft des Schriftzeichens wie auch die assoziativ bei der Aussprache entstehenden Mehrdeutigkeiten und Bedeutungsvariationen zum Tragen kommen.
Die Kommentare, die auch als Zehn Flügel bezeichnet werden, entstanden sehr viel später (ca. ab 200 v. Chr.) und bestehen aus 10 Textabschnitten, die u.a. die Hexagrammnamen und -texte erläutern, die Symbolik der Trigramme und Reihenfolge der Hexagramme erklären, ethisch-moralische Anweisungen und eine philosophisch-ethische Auslegung nach konfuzianischer Moralvorstellung umfassen. (vgl. Hertzer, 40-42)

Die Tatsache, dass die frühesten Teile des I Ging aus dem 8. Jh. v. Chr. stammen, die Steinklassiker aber erst rund 1000 Jahre später verfasst wurden, wirft eine Reihe von Fragen auf: Welche inhaltlichen und strukturellen Veränderungen am Textmaterial gab es während dieser 1000 Jahre? Hat es tatsächlich immer nur eine einzige gültige Version dieses Textes gegeben oder waren mehrere Varianten im Umlauf? Und, sollte es Varianten gegeben haben: Welche politischen und soziokulturellen Einflüsse führten schlussendlich zur Auswahl des zur in den Steinklassikern festgehaltenen Version des I Ging?
Vor diesem Hintergrund kommt den archäologischen Funden, die 1972 in Mawangdui (nahe Changsha / Hunan; Seidenbücher) und 1977 in Shuanggudui (bei Fuyang / Anhui; Bambus- und Holztäfelchen) gemacht wurden, besondere Bedeutung zu: Man entdeckte in Mawangdui u.a. eine Grabbibliothek, die ebenfalls eine Abschrift des I Ging enthielt, die allerdings weitaus älter ist als der bisher bekannte Textus receptus. Diese Version des I Ging weicht zu ca. 25 %  vom bisher bekannten Text ab, unter anderem in der Reihenfolge, wie die Hexagramme aufeinander folgen; die archäologischen Fund in Shuanggudui müssen noch analysiert werden. (Vgl. Hertzer, 51-52)

Quellenverzeichnis

— Hertzer, Dominique. 1996. Das Alte und das neue Yijing. Die Wandlungen des Buches der Wandlungen. München: Diederichs.