Archäologische Stätte in einem Außenbezirk der chinesischen Stadt Changsha. Dort wurde 1972 eine Grabbibliothek entdeckt, die u. a. eine Abschrift des I Ging enthält, die weitaus älter ist als der bisher bekannte Textus receptus und zu ca. 25 % von ihm abweicht.
Vergleicht man das I Ging aus der Grabbibliothek von Mawangdui inhaltlich mit dem Textus receptus, sind mehrere Faktoren wichtig: Zunächst einmal weist die chinesische Sprache die Besonderheit auf, dass gesprochener Text ist beim Anhören viel- und mehrdeutig ist. Liegt er jedoch niedergeschrieben vor und soll interpretiert werden, müssen daher einerseits die bildliche Ausdruckskraft des Schriftzeichens selbst, anderseits auch die assoziativ bei der Aussprache entstehenden Mehrdeutigkeiten und Bedeutungsvariationen berücksichtigt werden; dieses Vorgehen setzt jedoch voraus, dass Informationen zu den verschiedenen Bedeutungsebenen einzelner Schriftzeichen zur Zeit der Niederschrift inklusive der historisch-politischen Hintergründe vorliegen. Für die Grabfunde von Mawangdui bedeutet dies, dass zum Verständnis der Texte sowohl die historischen Rahmenbedingungen, die Gegebenheiten im Gebiet von Changsha und die persönlichen Umstände des Bestatteten und seiner Familie zu berücksichtigen sind. Ferner ist wichtig zu wissen, dass das I Ging als Handbuch zum Wahrsagung meistens in politischen bzw. Regierungsangelegenheiten befragt wurde, woraus folgt, dass das I Ging aus der Grabbibiothek von Mawangdui auch als politisches Sprachrohr gedient haben könnte. (Vgl. Hertzer 67-70.)
Weiterlesen: http://de.wikipedia.org/wiki/Mawangdui
Quellenverzeichnis
— Hertzer, Dominique. 1996. Das Alte und das neue Yijing. Die Wandlungen des Buches der Wandlungen. München: Diederichs.